Jubiläumstour 94/24
DEUTSCHLAND NEU(N) NULL
Auf den Zusammenbruch des Ostblocks und die deutsche Wiedervereinigung reagierte Jean-Luc Godard mit einem für ihn typischen Essayfilm: einer Reflektion über Politik, Geschichte und Kultur, zusammengefügt aus Dokumentarischem, Spielszenen und Filmausschnitten, geprägt von Assoziationen und Zitaten, gegliedert durch Zwischentitel. Einen roten Faden bildet die Figur des Agenten Lemmy Caution, bereits bekannt aus Godards dystopischen Klassiker „Alphaville“. Caution schlendert kurz nach dem Mauerfall durch Berlin, und erinnert sich an Ereignisse der deutschen und europäischen Geschichte, die zu ihrem Bau führten. Sein Wandern durch das wiedervereinigte Deutschland – von den verrosteten Maschinen im Lausitzer Braunkohlegebiet bis zur grellen Konsumgesellschaft Westberlins - und sein offen vorgetragenes Schwanken zwischen Kommunismus und Kapitalismus verkörpern den schizophrenen Zustand, in dem sich Europa befindet. Denn auf seinem Weg muß er unter anderem feststellen, dass in einer von Amnesie geprägten Welt die einst so berühmten Namen wie Karl Marx oder Rosa Luxemburg nicht mal mehr als Straßenschilder taugen. Die Ideale bröckeln, die Menschen wollen vergessen. Doch Caution sammelt Spuren.
Der Filmtitel ist doppeldeutig: Deutschland im Jahr '90 oder ein neues Deutschland im Jahre Null.
Frankreich 1991 von Jean-Luc Godard, 62 min, Originalfassung (fra., deu.) mit deu. Untertiteln, FSK tba
Darsteller:innen: Eddie Constantine, Hanns Zischler, Claudia Michelsen