Jubiläumstour 94/24
„HAB KEINE ANGST“
200 Jahre nach den historischen Ereignissen um die Exekution von Johann Christian Woyzeck in Leipzig entwickeln wir unsere künstlerische Annäherung an die letzte öffentliche Hinrichtung auf dem Leipziger Markt weiter und nehmen dabei die aktuelle Situation von Inhaftierten weltweit in den Blick.
Für die gemeinsame Weiterentwicklung unserer im Rahmen des Büchner Festivals 2017 entstandenen Rekonstruktion des Woyzeck-Schafotts konnten wir die Szenografinnen Shahrzad Rahmani aus Berlin und Lisa Schiller-Witzmann aus Leipzig gewinnen.
Unter Verwendung von Briefen und Berichten aus Gefängnissen verschiedener Unrechtssysteme aus der Geschichte und der Gegenwart ist es ihnen gelungen, den 6x7x4 Meter großen Kubus im Zentrum von Leipzig als einen eindrücklichen äußeren und inneren Erfahrungsraum zu gestalten, der Opfern von Willkür und Unrecht eine eigene Stimme gibt.
„Hab keine Angst“: Diesen Satz hat ein politisch inhaftierter Häftling im berüchtigten iranischen Evin-Gefängnis in die Wand seiner Einzelzelle eingeritzt. Gerichtet an sich selbst und die nachfolgenden Gefangenen.
„Zeichne mir wieder Blumen in deinen Briefen, ja? Und schick mir auch Fotos. Aber keine Fotos von Landschaften. Das ist verboten. Es ist seltsam, aber die Natur zu betrachten, und sei es nur auf einem Stück Papier, ist verboten.“
aus „Wir werden auch schöne Tage sehen – Briefe aus dem Gefängnis“ (Zehra Doğan)
„Es gibt Momente in der Zelle, wo du das Gefühl hast, die Wände bewegen sich auf dich zu. Du hast das Gefühl, sie kommen dir immer näher und werden dich zerquetschen.“
Marzieh Amiri in „Frau, Leben, Freiheit – Frauen in iranischen Gefängnissen erzählen“ (Narges Mohammadi)
Lisa Schiller-Witzmann ist freiberufliche Bühnen- und Kostümbildnerin u.a. in Deutschland, Österreich, Polen, Lettland, Ungarn und Tschechien. Ihre künstlerische Praxis umfasst Arbeiten für Schauspiel, Tanz- und Musiktheater, Ausstellungsszenografien, Set-Designs für Filme bis hin zu Kunstinstallationen im öffentlichen Raum. Ihr Fokus liegt auf der Arbeit mit freien Ensembles, Produktionshäusern, Autor:innen sowie mit Institutionen im kulturellen Bereich wie Museen und aus der Wissenschaft. Zu ihren künstlerischen Partnern gehören in Leipzig u.a. seit 2010 die Schaubühne Lindenfels, seit 2021 das Kollektiv peira Leipzig/Wien und seit 2024 das Kollektiv missingdots in Dresden.
Shahrzad Rahmani ist freiberufliche Bühnen-, Kostümbildnerin und Szenografin und Teil des Künstler:innenkollektives Guerilla Architects in Berlin. Im Wintersemester 2023/24 hatte sie die Gastprofessur „Bertolt Brecht” am Centre of Competence for Theatre der Universität Leipzig inne. Ihre künstlerische Arbeit konzentriert sich auf interdisziplinäre Räume und Installationen in Theater-, Stadt- und Performancekontexten. Es entstehen enge künstlerische Zusammenarbeiten u.a. mit der Choreografin Modjgan Hashemian und den Regisseur:innen Marie Bues, Keng Sen Ong und Niko Eleftheriadis sowie dem Künstlerinnenkollektiv Talking Straight. Sie arbeitet an Häusern wie dem Radialsystem, Hebbel am Ufer, Maxim Gorki Theater, Uferstudios, Tischlerei der deutschen Oper, Nationaltheater Mannheim, Staatstheater Hannover, Theater Rampe in Stuttgart und Schauspielhaus Wien.
Künstlerische Leitung: Shahrzad Rahmani, René Reinhardt, Lisa Schiller-Witzmann
Szenografie: Shahrzad Rahmani, Lisa Schiller-Witzmann
Sprecherin: Homa Faghiri
Illustration: Afshin Chizari
Fotos: Phil Dera
Produktionsleitung: Jennifer Krebs, Hannes Raetz
Recherche: Elisa Liebscher
Grafik: Thomas Szabo
Bau: Robert Schiller
Technische Leitung: Benjamin Henkel
Eine Produktion der Schaubühne Lindenfels in Kooperation mit dem Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig. In weiterer Kooperation mit Amnesty International Leipzig. Gefördert durch die Stadt Leipzig.
Die Residenz im Rahmen des Projektes wird gefördert vom Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Eine Residenz bei der Schaubühne Lindenfels in der Residenzförderung des Fonds Darstellende Künste in Kooperation mit flausen+. Mit freundlicher Unterstützung von Leipzig Tourismus und Marketing und der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“.